DSGVO steht Auskunftsanspruch von Mitgliederdaten nicht entgegen

Mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kann nicht verhindert werden, dass personenbezogene Daten (z.B. Namen, Anschriften) von Mitgesellschaftern oder Vereinsmitgliedern an einen Gesellschafter oder Vereinsmitglied herausgegeben werden müssen. Oder anders gesprochen: Wer ein berechtigtes Interesse an den Daten geltend macht, muss diese auch von der Gesellschaft oder dem Verein/Verband erhalten. Ein berechtigtes Interesse kann zum Beispiel die Durchsetzung von Minderheitenrechten nach § 37 BGB sein.

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Bereits 2010 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz (damalige Fassung) nicht vorliegt, wenn ein Vereinsmitglied die Anschriften der anderen Vereinsmitglieder verlangt, um von seinen Mitwirkungsrechten Gebrauch zu machen (BGH, 25. Oktober, 2010 – II ZR 219/09 – PDF).

Fussballverein muss Mitgliederdaten herausgeben

Das Amtsgericht Hannover (13.02.2019, 435 C 10856/18) verurteilte den Verein Hannover 96 auf Klage von 3 Vereinsmitgliedern zur Herausgabe von ca. 23.000 Mitgliederdaten (www.hannover96.de – Verein muss Mitgliederdaten herausgeben). Nach Entscheidung des AG Hannover besteht der Anspruch, wenn das Mitglied sein berechtigtes Interesse geltend machen kann, ohne selbst kandidieren zu müssen. Die Überlassung „sei auch nicht datenschutzrechtlich unzulässig, im Gegenteil ist sie gemäß § 6 Abs. 1 lit. f) der Datenschutzgrundverordnung rechtmäßig.“ Es besteht kein pauschales Recht auf Geheimhaltung der Mitgliedschaft in einem Verein, so das Amtsgericht. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts hat der Verein Berufung zum Landgericht Hannover eingelegt.

Bundesgerichtshof: DSGVO steht Auskunftsanspruch nicht entgegen

Für eine Gesellschaft hat der Bundesgerichtshof (BGH, 19.11.2019 – II ZR 263/18 – PDF) nunmehr entschieden, dass ein Gesellschafter Anspruch auf Auskunft der Namen und Anschriften der Mitgesellschafter/Treugeber der Fondgesellschaft zu erteilen. Der Bundesgerichtshof führt in seiner Entscheidung zur Geltung der DSGVO aus (ab Randziffer 26):

Ohne Erfolg macht die Revision geltend, Art.5 und Art.6 DS-GVO stünden der Weitergabe der Daten entgegen. Der Bundesgerichtshof hat zu §28 Abs.1 Nr.2 BDSG aF ausgeführt, dass das Übermitteln personenbezogener Daten im Rahmen eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses zulässig ist, wenn es für dessen Durchführung erforderlich sei. Das sei anzunehmen, wenn der Antragsteller auskunftsberechtigt und bei vernünftiger Betrachtung auf die Datenverbindung zur Erfüllung der Pflicht nur zur Wahrnehmung der Rechte aus dem Vertragsverhältnis angewiesen ist. Die Kenntnis der Mitgesellschafter ist zur effektiven Nutzung der Rechte in der zwischen Treugebern einer Publikumsgesellschaft bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts erforderlich. Die Übermittlung verstößt nicht gegen datenschutzrechtliche Vorschriften (BGH, Urteil vom 11.Januar 2011 –II ZR 187/09, ZIP2011, 322 Rn.17). An diesen Grundsätzen hat sich mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung nichts geändert.Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten liegt kein Verstoß nach Art.5 Abs.1b DS-GVO vor. Danach müssen personenbezogene Daten für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden. Dass die Daten der übrigen Treugeber durch die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Art.5 Abs.1b DS-GVO für die festgelegten, eindeutigen und legitimen Zwecke aus dem Treuhandvertrag verarbeitet wurden, stellt auch die Revision nicht in Abrede. Zu Unrecht meint die Revision jedoch, dass die Regelung des §23 Abs.3 des Treuhandvertrags, wonach sich die Beklagte gegenüber der Fondsgesellschaft verpflichtet hat, Informationen, Nachrichten undDokumente das Treuhandverhältnis betreffend, offenzulegen sowie Identität (Vor- und Nachname, Geburtsdatum und -ort, Wohnanschrift und italienische Steuernummer) der Fondsgesellschaft mitzuteilen, eine zweckbegrenzende Vereinbarung enthalte, dass die weiteren Treugeber keine Informationen erhalten dürften. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Regelung, die eine Einwilligung für die Weitergabe dieser Daten an die Fondsgesellschaft regelt, nicht jedoch die Unzulässigkeit der Datenübermittlung an die anderen Treugeber be-inhaltet. Im Übrigen ist nach Art.5 DS-GVO die Weiterverarbeitung unzulässig, wenn eine Weiterverarbeitung in einer mit diesem Zweck nicht zu vereinbarenden Weise erfolgt (vgl. Frenzel in Paal/Pauli, DS-GVO, BDSG, 2.Aufl., Art.5 DS-GVO Rn.30; Herbst in Kühling/Buchner, DS-GVO, BDSG, 2.Aufl., Art.5 DS-GVO Rn.24). Die Weiterverarbeitung der Daten zur Weitergabe an die an deren Treugeber und hier an den Kläger ist mit dem Zweck der Verarbeitung der Daten für die Belange des Treuhandvertrages aber nicht unvereinbar, sondern entspricht vielmehr der gesetzlichen Verpflichtung aufgrund der vertraglichen Vereinbarung durch den Beschluss des Gesellschaftsvertrags einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Vielmehr erlaubt Art. 6 Abs.1b DS-GVO die Verarbeitung der Daten zur Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist. Dazu gehört auch die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft (Schantz in Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht, 2019, Art.6 DS-GVO Rn.16; Buchner/Petri in Kühling/Buchner, DS-GVO,BDSG, 2.Aufl., Art.6DS-GVO Art.16 Rn.30). Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Beklagte sich nicht auf die Gefahr eines Bußgeldes wegen Verletzung datenschutzrechtlicher Regelungen berufen kann.

Diese Grundsätze gelten auch für Vereine und Vereinsmitglieder. Ein Verein kann daher nicht mit Erfolg die Herausgabe von Mitgliederdaten verweigern und sich auf die DSGVO berufen.